Nachruf
Für Prof. a.D. Dr. Hartwig Prange
Geboren am 26. Juli 1938 in Reichenbach (Schlesien),
gestorben am 10. März 2024 in Halle/Saale
Mit tiefer Erschütterung und großer Trauer haben wir vom Tod Hartwig Pranges erfahren. Mit seinem Weggang verlieren wir eine der prägenden, tragenden Säulen im Kranichschutz in Deutschland und in Europa.
Als junger Tierarzt in Groß Mohrdorf tätig (1965 bis 1967), kam er wohl erstmals intensiv mit Kranichen in Berührung, die damals zu Tausenden am Pramort und in der Udarser Wiek der Insel Rügen, sozusagen gleich gegenüber, rasteten. Die großen Vögel faszinierten ihn und wurden von da an zum inspirierenden Lebensthema.
Bereits 1979, danach erneut 1985 veröffentlichte er den „Bericht über die Kranichsammel- und Rastplätze in der DDR“, damals im Auftrag des AKSAT bei der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR.
Noch in der letzten Phase der DDR gab er 1989 mit zahlreichen Mitautoren in der Reihe Neue Brehm-Bücherei das Buch „Der Kranich“ als Fortführung und Aktualisierung der Monographie von Dr. Wolfgang Makatsch heraus, fuhr 1989 mit Wolfgang Mewes und Eberhard Henne nach Tallinn zur internationalen Kranichtagung, auf der weitere Ostdeutsche und die Kranichschützer der westlichen Welt endlich zusammentrafen. Er war auf Gut Sunder eines der Gründungsmitglieder der uns heute so selbstverständlichen Struktur von Kranichschutz Deutschland, damals mit dem NABU und dem WWF als wichtigen Trägern.
Was Hartwig Prange für den Kranichschutz in Deutschland bedeutet und bewegt hat, ist hier ebenfalls kaum mit Worten auszudrücken. Seine starke Persönlichkeit, die dennoch Wärme ausstrahlte, ließ keine Distanz zu, jedem Gesprächspartner wandte er sich engagiert und freundlich zu. Neben den von ihm vorgelegten Büchern und Schriften zu Kranichthemen, ist es sein jahrzehntelanges Wirken im deutschlandweiten Kranichschutz insgesamt, und insbesondere für den Bereich der Kranichrast, das für den Kranichschutz von besonderer Bedeutung ist. Bei Hartwig Prange wurden alle gesammelten Daten zu Rastereignissen zusammengeführt, und viele Jahre legte er zur Herbsttagung des deutschen Kranichschutzes den Jahresbericht zu Kranichzug, -rast und -schutz, zusammengetragen von über fünfzig Rastplatzbetreuern in Deutschland, in gedruckter Form vor. Damit entstand ein wichtiger Wissensspeicher, der europaweit von Bedeutung ist und noch späteren Generationen als Archiv des Wissens zu dieser Tierart dienen wird. Über 25 Jahre, bis zur Europatagung in Gallocanta/Spanien, war Prof. Hartwig Prange zudem der Präsident der European Crane Working Group. In diesem Zusammenhang war er auch an der Erarbeitung verschiedener Proceedings beteiligt.
Im Jahr 2016 erschien als derzeit aktuellstes, umfassendstes Werk über die Kraniche der Welt sein knapp 900-seitiges Buch „Die Welt der Kraniche“, ein Nachschlagewerk für Fachleute und Ehrenamtliche.
Herausragend ist auch sein 2006 vorgelegtes Buch „Bauernschicksale, Die Landwirtschaft im Osten Deutschlands seit dem zweiten Weltkrieg“, in dem er die tragischen Ereignisse auf dem Land, insbesondere in der Altmark, während der Jahre der Bodenreform und danach schildert. In gewohnt sachlicher Schilderung stellt er die tiefgreifenden Veränderungen im Landleben der DDR aufgrund des Herrschaftshandelns der SED vor und zeigt den dramatischen Wandel in der Arbeits- und Lebenswelt im ländlichen Raum. Der verhängnisvolle Abriss in den bäuerlichen Traditionen aufgrund des rigiden Behördenhandelns im staatlichen Auftrag wird beim Lesen des Buches verständlich und verweist auch auf die Konflikte der Folgejahre.
Wissenschaftler durch und durch, verließ Hartwig Prange sich nie auf schöne Geschichten, er wollte es stets genau wissen, den Dingen auf den Grund gehen, Zusammenhänge erkennen und erforschen. Wir haben ihm zu danken für grundlegende Erarbeitungen im Feld der Kranichforschung. Und wir danken ihm für sein zuverlässiges, langjähriges Mitwirken bei der gemeinsamen Arbeit im nationalen und internationalen Kranichschutz. Auf jeder Jahrestagung präsentierte Hartwig neue Berichte und Zahlen im Themenkreis „Kranichrast und Kranichzug“ und stand allen Teilnehmern bereitwillig für Nachfragen und Gesprächen zur Verfügung. Seinen letzten Vortrag hielt er, prägnant und eloquent wie gewohnt, noch auf der nationalen Tagung von Kranichschutz Deutschland im November 2023 auf Gut Gnewikow in Brandenburg.
Sein Andenken ist das an einen sehr aufrechten, kritischen und politischen Menschen, dessen unbestechlicher Charakter ihn zu DDR-Zeiten um einigen beruflichen Erfolg brachte. Das konnte er erst nach der Wende 1989 nachholen. In Jena arbeitete er an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, wurde zum Direktor des Bezirksinstituts für Veterinärwesen in Jena berufen (1990-1991). Er übernahm die Abteilungsleitung als Ministerialdirigent am Ministerium für Soziales und Gesundheit, die Abteilung Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung in Thüringen (1991-1994), und wurde schließlich zum Universitätsprofessor (C3) für Tierhygiene mit Tierklinik, an der Martin-Luther-Universität Halle/Saale (1994-2003) berufen. Auch nach Eintritt in den Ruhestand arbeitete er noch als Professor Emeritus mit Honorarvertrag (2004-2008). Dass er das Bundesverdienstkreuz erhielt, war ihm selbst keine Erwähnung wert, Eitelkeiten gehörten nicht zu seinen charakterlichen Eigenschaften.
Hartwig Prange hinterlässt seine Frau Christl, seine Töchter Antonia und Sibylle mit ihren Kindern, denen unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl gelten.
Hartwig war uns ein hochgeschätzter Freund. Wir vermissen ihn überaus.
Der Fachvorstand von Kranichschutz Deutschland und das Team des NABU-Kranichzentrums